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Chotieschau. Herbert Wenig am 22./23.04.2017 (siehe auch Heimatbrief Mai/Juni 2017, S.114) Nachdem ich mich bereits
Anfang März bei der in Staab wohnenden Familie eines Sohnes meines Cousins
angemeldet habe, war ich dann am Samstag, 22.04.17 und den Am Alten Werk in Mantau sind die ganzen Bergleutesiedlungen, die „Hawirna“ und „Kasan“ wie wir sie nannten, abgerissen oder nur noch kurz vor den Abriss. In Chotieschau ist der Durchgangsverkehr durch Straßenbauarbeiten stark behindert. Die Volksschule wurde Rathaus, an der Straße werden neue Randstreifen und eine Haltebucht angelegt, vor der Schule wird der Platz neu gestaltet. Die Kinder gehen nun in die in vor dem Krieg neu gebaute Tschechische Schule, welche dann nach dem Anschluss Bürgerschule wurde. Dorthin sind ja viele unsere Heimatfreunde gegangen. Das alte Brauhaus in Chotieschau steht unter Denkmalschutz, wurde verkauft und wird nun zu Wohnungen umgebaut. Chotieschau hat inzwischen über zweitausend Arbeitsplätze. Am Nachmittag war ich erstaunt, als mir Jarda, das ist der Sohn meines Cousins, sagte, so, jetzt geht’s am Kreuzberg. Da er wusste, dass ich jedesmal bei meinen Besuchen auf den Kreuzberg ging, nun aber im Alter von 86 Jahren es zu Fuß nicht mehr schaffe, hat er bei der Gemeinde angekündigt, dass ich ein letztes mal zu Besuch komme und hat Schlüssel für die beiden Schranken und die Tür zum Turm erhalten. In Chotieschau wusste man auch, dass ich zu Besuch komme. Der Weg auf den Kreuzberg ist sehr schlecht und es sollte schon ein geländegängiges Fahrzeug dazu sein ! Vom Turm aus ließ ich den Blick nochmals über die alte Heimat schweifen und war dankbar, dass mir Jarda dies nochmals ermöglicht hat. Am Abend waren wir dann mit den Nachkommen meines Cousins fröhlich beisammen. Am Sonntag drängte mich Jarda und sein hinzugekommener Bruder Wenzel, los, wir wollen um halb zehn in Chotieschau sein ! In Chotieschau zwängten wir uns durch die Absperrungen der Baustelle auf den Schulhof. Wir wollen zur Kirche sagte Jarda, die ist doch geschlossen sagte ich. Doch die Tür stand auf ! Jarda hatte die Kirchendienerin welche ich schon von früheren Besuchen her kannte, gebeten für mich die Kirche aufzuschließen, was sie auch gerne machte. So konnte ich die Heimatkirche nochmals tief verinnerlichen. Von dieser Überraschung war ich sehr gerührt. Danach hieß es, komm, jetzt gibt es noch eine Überraschung. Wir gingen zu Schule, jetzt Rathaus, obwohl es Sonntag 10 Uhr war, stand die Tür offen. Wir gingen die Treppe zum 1. Stock hoch wo ich vier Jahre lang als Volksschüler hoch gegangen bin, im früheren Klassenzimmer standen mehrere Personen. Ein Herr im Sonntagsanzug trat auf mich zu und sagte in deutscher Sprache, er wäre der Bürgermeister Ludek Rosenberger und freue sich, mich in meiner alten Heimat begrüßen zu dürfen. Danach der stellvertretende Bürgermeister, auch in deutscher Sprache und ein Fotograf. Dazu kam noch die frühere Bürgermeisterin Frau Mathesova, mit welcher wir ja viele lange Jahre gut zusammengearbeitet haben und die auch mit drei Mitarbeitern der Gemeinde Chotieschau vor Jahren zum Schlossfest meiner jetzigen Heimatgemeinde Elztal für ein Wochenende bei uns zu Gast war. Als damalige Stellvertreter des Bürgermeister und langjähriger Gemeinderat zeigte ich die gemeindlichen Einrichtungen und gab Auskunft über die Arbeitsweise unserer Verwaltung. Damals, kurz nach der Wende, hat man dies interessiert zur Kenntnis genommen. Danach war unser Bürgermeister zum Böhmischen Maien mit in Chotieschau und auch unser Rittersbacher Kirchenchor zu einen Kulturabend und einen Gottesdienst mit Gesang dort. Weiterhin waren wir auch zweimal mit der Kirchengemeinde Hersbruck in Chotieschau. Auch Klassentreffen mit den Besuch unserer früheren Schulen haben wir in Chotieschau gemacht. Danach eine Maiandacht in Lossin. Dies alles und die Verbindung mit den Kirchsprengeltreffen in Hersbruck waren dem Bürgermeister bekannt und er sprach mir seinen Dank für diese vielfältigen Bemühungen aus. Nachdem wir am gedeckten Tisch eine Weile Gedanken ausgetauscht haben, wurde ich gebeten aufzustehen, dann kam der Bürgermeister auf mich zu , drückte mir die Hand und übergab mir eine Urkunde für die langjährigen Verdienste um die Anstrengungen zur Verstärkung der Beziehungen zwischen der Gemeinde Chotesov und ausgesiedelten früheren Mitbürgern von Chotieschau. Frau Mathesova schloss sich an und erinnerte an die vielen gemeinsamen Aktivitäten. Da ich überhaupt keine Ahnung von diesen Vorhaben hatte war ich völlig überrascht und durcheinander. Ich habe etwa sechzig Jahre für meine Landsleute aus den Kirchsprengel Chotieschau mitgewirkt, habe dies gerne getan und gar nicht erwartet, dass man da groß danke sagt, dass es nun doch geschah und auch noch von dieser Seite her, hat mich besonders berührt. Nach diesen Empfang waren wir wieder in Staab, wo noch mehrere Familienangehörige zum gemeinsamen Mittagessen zusammenkamen erzählten, Fotos machten und mir noch alles Gute wünschten. In Staab erhielt ich auch Zugriff auf Filme amerikanischer Kriegsberichterstatter vom Mai 1945, welche die Besetzung von Staab, Mantau und besonders Lossin in eindrucksvoller Weise zeigen.In Lossin habe ich dies selbst mit erlebt und bin davon sehr beeindruckt. Wer an diesen Filmen interessiert ist, soll sich bei mir melden, es ist jedoch in PC dafür nötig! Nach einer Ruhepause machte ich mich wieder auf den Heimweg. Ich habe jedoch noch eine Zwischenübernachtung eingelegt, weil ich diese Ereignisse und den Abschied von der alten Heimat, wie auch die liebevollen Bemühungen meiner Angehörigen erst alleine Verarbeiten musste. Hinweis: Link für die Filme siehe "Aktuelles" Herbert Wenig
mit Bürgermeister Rosenberger Stellvert. Bürgermeister übergibt Kalender mit ehem. Bürgermeisterin Fr. Mathesova
Pfarrkirche Mariä Geburt in Chotieschau Besuch in Chotieschau.(2012) Am Samstag, den 09.06.2012 war ich wieder zu meinen alljährlichen Besuch in der alten Heimat. Mein Weg führte mich , des schönen Wetters wegen, zuerst nach Lossin. Nach einer Unterhaltung mit einem alten Freund, stellte ich meinen PKW bei diesem ab und begab mich zu Fuß auf den Weg zum Kreuzberg. Am Waldrand, vor der Schranke, standen zwei PKW mit deutschen Kennzeichen. Nach 40 Minuten erreichte ich die Kreuzbergkirche. Im Unterstand vor den Turm befand sich eine Gruppe von 9 Personen; sie sprachen deutsch. Ich fragte sogleich nach den Grund ihrer Anwesenheit und erfuhr: der Vater stammt von hier! Ich fragte: "wie heißt er denn ?"; darauf die Antwort:" Tupy !" Meine Frage darauf: " stammt er von Mantau und ist vom Alten Werk ?" Mit großen Erstaunen ein fast eintöniges "jaaa!". Wo ist er denn, meine Frage, oben im Turm war die Antwort! Er kam herunter, blieb stehen und schaute mich fragend an: " ich bin der Wenig" sagte ich, " ja der Heeerbeeert," sagte er erfreut und kam auf mich zu. Nun saßen wir mit der Gruppe beisammen und erzählten. Ich erfuhr, daß Gerhard Tupy, jetzt in Merseburg wohnend, am Tag zuvor, also am 08.06.2012 seinen 88.Geburtstag feierte und diesen Tag in der Heimat verbringen wollte und mit Frau, Kindern, Enkel und Urenkeln in Dobrzan Zimmer mietete und auf den Kreuzberg gehen wollte. Ich war gerührt von dieser starken Heimatliebe und der körperlichen Leistung, in diesen Alter noch zu Fuß auf den Kreuzberg zu gehen. Nach freudigen Gesprächen gingen wir vom Kreuzberg hinunter, um unterwegs noch ein Familienbild, 4 Generationen mit dem Kloster im Hintergrund zu machen. Im Anschluß daran besuchte ich die neue Gaststätte am Dorfplatz und Inge Hacker, eine Schulfreundin, welche mich begrüßte: " ist das ein Klassentreffen ?", weil bei ihr gerade eine weitere Schulfreundin zu Besuch aus Deutschland war. Danach bedankte ich mich noch bei Mitzi Leipert für die Mithilfe bei meinen Fotoaufnahme des Altars unserer Heimatkirche, übergab ihr ein Foto und sagte ihr, daß nun unser Altar auch in der Hersbrucker Kirche einen Platz gefunden hat. Den Abend verbrachte ich bei Verwandten in Staab, wo zufällig gerade ein Geburtstag zu feiern war. Am Sonntag besuchte ich den Gottesdienst in unserer Heimatkirche und stellte fest, daß ich als einziger männlicher Besucher mit 10 Frauen die Messe hörte. Mir wurde gesagt, dass mit 10 Personen der Besuch außerordentlich hoch wäre, üblicherweise sind es 5 bis 6 Frauen! Nach den Mittagessen machte ich mich auf den Heimweg, um nochmals bei Freund Fritz Schwarz den Tag ausklingen zu lassen und zu übernachten. Zwei ereignisreiche Tage, welche mir viel Freude machten, die ich hiermit gerne teilen möchte, lagen hinter mir, wofür ich auch dankbar bin. Beständige Heimatliebe.(2018) Nachdem ich bei meinem Heimatbesuch im Juli 2012 über ein Treffen mit Gerhard Tupy am Kreuzberg berichten konnte ( s. Bericht unten ) , möchte ich nun eine Fortsetzung davon bringen. Damals war Gerhard mit Ehefrau, Tochter, Sohn, Schwiegertochter, Enkel und Urenkel in der alten Heimat, um seinen 88 Geburtstag zu feiern. Dies macht er nun seit vielen Jahren und so auch in diesem Jahr. Er schaffte den Fußweg vom Parkplatz, bei den Stationen vorbei bis zur Kirche am Kreuzberg noch zu Fuß. Nun aber mit inzwischen 94 Jahren und leider ohne seine Frau, welche im vergangenen Jahr verstarb, wurde es zu schwer für ihn. So wandten sich seine Tochter und der Sohn an mich, um die Schlüssel für die Schranken zum Fahrweg und den Kirchturm zu bekommen. Dies konnte ich vermitteln und so konnte der Wunsch zum Geburtstag erfüllt werden. Gerhard hat mir am Telefon seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht und da seine Kinder stets dabei waren auch noch bemerkt : die kennen sich inzwischen fast besser aus als ich ! Dies ist nun in doppelter Hinsicht beachtenswert, zum einem zeugt es von der Liebe der Kinder zu ihrem Vater, ihm jährlich diese Freude zu machen, zum andern ist die Zuneigung der Kinder zur Heimat ihres Vaters erstaunlich und bei unseren Nachkommen nicht immer vorhanden . Nun aber zum Bericht vom Sohn Siegfried, welchen er mir zugeschickte hat: Wir, das sind unser Vati, ich, sein Sohn Siegfried, mit Frau Anita und seine Tochter Sieglinde, sind am Donnerstag, den 07.06.18 von Eisenberg ( Thüringen) direkt nach Dobrzan gefahren und haben uns, wie jedes Jahr im Hotel Modra Hvezda ( Blauer Stern ) einquartiert. Dort haben wir den Aufenthalt genossen und das leckere Bier verkostet. Noch am selben Tag sind wir nach Chotieschau gefahren und konnten, dank deiner Hilfe, lieber Herbert , beim Bürgermeister Herrn Rosenberger der uns herzlich empfangen hat, die Schlüssel zur Öffnung der Schranken für den Fahrweg zum Kreuzberg entgegennehmen. Zu Fuß wäre es für Vati zu schwer gewesen. Es war für Vati und uns ein sehr schönes Erlebnis, zumal er in seiner Kindheit mit seinem Vater den Kreuzberg oft besucht hat. Vati wollte auch nochmals gerne auf den Wunschstein hinter der Kirche treten, um seine Lebenserwartungswünsche gen Himmel zu schicken. Die Anlagen um die Kirche wirken gepflegt die Kirche sieht wieder gut aus und wir konnten Rehe ohne Scheu aus der Nähe in sanft berührter Natur betrachten. Am 08.06. Vatis Geburtstag haben wir die Orte aus Vatis Kindheit besucht. Die deutschsprachigen Bewohner in seinen Geburtsort Horschikowitz, Altes Werk in Mantau wo inzwischen die alten verwahrlosten Wohnungen der Bergleute abgerissen wurden und Planungen für Eigenheime im Gespräch sind. Besonders in Stich bei Frau Hilde Gleisner wurden sehr herzliche Erinnerungen ausgetauscht. Am Bayerschacht und Kastlteich werden umfangreiche Baumaßnahmen zum kontrollierten Wasserstau und Ableitung zur Radbusa durchgeführt. In Lossin haben wir die Allee, welche unser Großvater bewirtschaftete abgefahren und besichtigt. So waren es schöne Tage, welche wir zum 94. Geburtstag unseres Vaters, zu seiner großen Freude und zu unsere eigenen Freude in seiner Heimat verbringen durften. Wir haben dies gerne getan. Siegfried Tupy Fotos Siegfried Tupy Bemerkung zum Kreuzberg: Der Kreuzberg war einige Jahre nach Kriegsende ein beliebter Treffpunkt der in der Heimat verblieben Deutschen. Es folge die Nutzung durch das Tschechische Militär und wurde Sperrgebiet. Als das Militär nach der Wende abzog, wurde das Wirtshaus, die Kirche und deren Nebengebäudes verwüstet oder als Baumaterial willkürlich abgerissen. Es kümmerte sich niemand um den Kreuzberg. Erst als die Gründung einer Vereinigung der umliegenden Gemeinden beschlossen wurde, dabei war die damalige Bürgermeistern Frau Mathesova maßgeblich beteiligt, wurde der Kreuzberg nach und nach wieder hergerichtet. ( www.mikroregion-radbuza.cz ) Herbert Wenig Familie Tupy Im Krieg von Friedebert Volk Wir lebten in Westböhmen, nicht weit von der Bier- und Skodastadt Pilsen entfernt. Bei Kriegsende war ich zehn Jahre alt. Alle sechs Männer der Familie waren bei der Wehrmacht. Damit wir immer genau wussten, wo sie gerade eingesetzt waren, hing in der Wohnküche meiner Großmutter über dem Rundfunkgerät eine Europakarte. Bei Kriegsende war ich mit der Geographie Europas bestens vertraut. Ich kannte alles von Finnland bis Südfrankreich und natürlich auch die Ostfront. Als am 1. September 1939 der Krieg ausbrach, besuchte uns meine Tante aus dem Nachbardorf. Sie war die Schwester meiner Mutter. Beide Frauen waren entsetzt, denn sie hatten noch lebhafte Erinnerungen an die Leiden des Ersten Weltkrieges. Als erster Mann der Familie wurde Onkel Karl, der Bruder meiner Mutter, einberufen. Er musste sich am 8. März 1940 in Coburg stellen. Von dort ging es in den Frankreichfeldzug. Später klagte er über die gewaltigen Marschleistungen in Frankreich. Dann hatte er eine ruhige Zeit in Rotterdam. Von dort kam er in das Ausbildungslager Hammelburg. Bei einem Urlaub brachte er mir eine schöne Geldbörse aus Leder mit, die ich lange benutzte. Eines Tages im Juni 1941 rief er seine Mutter aus Veitshöchheim an. Sie könne ihn noch einmal besuchen, da seine Division in einen weiter entfernten Ort verlegt würde. Großmutter fuhr noch am selben Abend los. Meine Mutter und ich (damals sechs Jahr alt) mussten sie begleiten. Wir fuhren durch die Nacht. Zweimal ging es nicht weiter, weil Fliegeralarm war. Wir hielten an einer kleinen Bahnstationen bei Schwandorf. Die eine hieß Schwarzenfeld. Im Mondlicht sah ich die schmucken Bahnhofsgebäude, die mir gut gefielen. In Nürnberg stiegen wir um. Der große Bahnhof mit seinen Unterführungen war für mich das moderne Deutschland. In Veitshöchheim wimmelte es nur so vor Soldaten. In jedem Haus waren mehrere von ihnen einquartiert. Wir lernten auch die Wirtsleute Onkel Karls kennen. Großmutter wollte von ihnen wissen, ob ihr Sohn auch „brav“ sei. Ich stand daneben und hielt diese Frage für etwas überflüssig, denn Onkel Karl war ein ganz ruhiger und ernsthafter Zeitgenosse. Wir verbrachten jede Minute mit ihm und gingen im berühmten Hofgarten spazieren. Nach zwei Tagen kam der Abmarsch. Eine unendliche Menge feldgrauer Soldaten versammelte sich abends auf den flachen Mainuferwiesen. Fast jeder Soldat war umringt von Angehörigen, die ihn mit Blumensträußchen schmückten. Auch wir waren mitten drin. Neben uns stand ein junger Soldat ganz alleine. Er war großgewachsen, hatte ein wettergebräuntes Gesicht und dunkelblonde Locken unter seiner Gebirgsjägermütze. Mutter fragte ihn, wo er zu Hause sei. Er antwortete: „in Nemberch“, also in Nürnberg. Mutter steckte auch ihm ein paar Blümchen an die Uniform und eines in den Lauf seines Gewehres. So war das damals. Plötzlich, es war schon dämmrig, ertönten laute Kommandos. Die Soldaten stellten sich in Sechserreihen auf, und dann setzte sich eine unüberschaubare Kolonne feldmarschmäßig ausgerüsteter Männer in Bewegung. Niemand sprach ein Wort und man hörte nur den Gleichschritt, bis sie im ungewissen Dunkel verschwunden waren. Keiner wusste, was ihr Ziel war. Wenige Tage später erfuhren wir aber aus dem Volksempfänger, daß es der Beginn des Rußlandfeldzuges war. Bilder aus dem "Chotieschau-Buch" von F. Volk Kriegerdenkmal Chotieschau Fahnenweihe des Veteranenvereins 1904 Am Dorfplatz Chotieschau (um 1900) Am Mühlgraben Bayerschacht 1904 Die "Superelf" von 1936 Wie früher gedroschen wurde Was heute von einer Person mit einem Mähdrescher in kurzer Zeit erledigt wird, war früher noch eine Reihe von mühsamen Arbeitsgängen, die mehrere Helfer über Wochen beschäftigten. Der Schnitter mähte das reife Getreide mit dem „Wachler“ um. Die Kinder schlugen die im Vorjahr geflochtenen „Bänder“, worauf die Frauen die mit der Sichel zusammengefassten Halme legten und zu Garben zusammenbanden. Dann wurden die Garben zu "Puppen" zusammengestellt und nach einigen Tagen der Nachtrocknung mit dem Leiterwagen in die Scheune gebracht. Dort wurden sie zunächst unterm Dach aufgeschichtet . Nach Beendigung der Erntearbeiten wurden die Garben nach und nach auf die Tenne geworfen, die Bänder aufgelöst , das Getreide auseinander gelegt und mit den Dreschflegeln – bei uns „Drischl“ genannt – gedroschen. Je nach Anzahl der Personen ergab dies einen bestimmten Takt. Ein Schlag – ein Schritt nach links – so ging es im Kreis herum. Nach mehreren Runden wurde mit der Gabel das Stroh ausgeschüttelt und zur Seite gelegt. Das Korn kam mit der hölzernen Schaufel in das Rundsieb und wurde kräftig rund geschüttelt. Das Korn fiel durch und das Grobe wurde zur Seite geschüttet, wo die Hühner schon darauf warteten und sich die restlichen Körner herauspickten. Die Körner wurden wiederum mit der Holzschaufel aufgenommen und in Säcken zur Putzmühle getragen. Die Buben durften dann ihre Kräfte messen und die Kurbel der Putzmühle drehen. Die Spreu – man sagte „Gsuat“ – flog aus der Scheune und das Korn blieb zurück. Anschließend wurde das geputzte Korn abgesackt , mühsam auf den Schüttboden getragen und in die Abteile geschüttet. Später musste es immer mal wieder gewendet werden, um durchzutrocknen. Nach Bedarf wurde es dann zur Mühle gefahren und zu Mehl gemahlen. Wenn dann am Abend das Mehl aus dem eigenen Getreide in der Stube im Backtrog zum Sauerteig geknetet wurde und am nächsten Tag das frischgebackene Brot aus dem Ofen kam, war dies der Lohn für die vorangegangenen Mühen. „Unser tägliches Brot gib uns heute“ war keine Selbstverständlichkeit, sondern war im wahrsten Sinn „wohlverdient“. Sitzende von links - Herbert Wenig mit Cousin Walter Janka. Herbert Wenig
So wurde mit Dreschflegel gedroschen ... Die Gemeinschaft der Teinitzler Bauern besaß bereits vor dem Krieg eine komplette Dreschanlage mit Dampfmaschine (auch Lokomobil genannt), Dreschmaschine und Strohpresse. Die Maschinen waren während des Jahres in einem eignen Schuppen in der Nähe der Dorfschmiede untergebracht. Nachdem das Getreide eingebracht war, kam im Herbst die Zeit des Dreschens heran, an der das ganze Dorf – vor allem auch die Jugend – teilnahm. Zunächst wurden die Maschinen – allem voran die Dampfmaschine – zum Dreschplatz gefahren. Dieser befand sich auf der Anhöhe nördlich des Dorfes in Richtung der „Teinitzler Birkeln“. Die Maschinen mussten genau in einer Reihe ausgerichtet werden. Als erstes die Dampfmaschine, dann in einigem Abstand die Dreschmaschine und dahinter die Strohpresse. Über Riemenantrieb wurden die Maschinen miteinander verbunden, wobei der erste Riemen wegen Brandgefahr besonders lang war. Interessant - vor allem für die technisch interessierten Buben – war das erste Anfahren der Anlage. Zunächst wurde die Dampfmaschine über mehrere Stunden angeheizt. Das geschah mit Steinkohle, die dafür vom Teinitzler Schacht herbeigeholt werden musste. Ebenso musste immer genügend Wasser in Fässern bereitgestellt werden. Wenn der Druck im Dampfkessel hoch genug war, konnte das Anfahren beginnen. Dafür zuständig war der Dorfschmied, der dafür extra eine technische Ausbildung bekommen hatte. Langsam setzte sich das Schwungrad - vom gehörigen Fauchen und Zischen begleitet - in Bewegung, und über den Riemen angetrieben lief die Dreschmaschine allmählich an. Der Vorgang musste manchmal am Anfang mehrmals wiederholt werden, da der Riemen absprang; Abstand und Richtung der Maschinen musste daraufhin nochmals genau eingerichtet werden. Wenn es dann losging begann die Dreschmaschine mit dem typischen singenden Geräusch immer lauter zu werden, bis die Arbeitsgeschwindigkeit erreicht war. Inzwischen wurde das Getreide mit den Leiterwagen herbeigeschafft und der Dreschvorgang konnte beginnen. Die Getreidegarben wurden auf den „Tisch“ geworfen, geöffnet, und von der Bäuerin oben in die Maschine eingelassen. Das Getreide wurde in der Maschine durch Rüttelsiebe gesiebt, durch Gebläse gereinigt und in Säcken aufgefangen um dann von den Männern auf die bereitstehenden Wagen aufgeladen zu werden. Das Stroh kam zu großen Bündeln gepresst hinten aus der Strohpresse gebunden heraus und wurde zu großen Strohhaufen , die schon von weitem zu sehen waren, aufgeschichtet. Das Dreschen zog sich stets über mehrere Tage hin, bis alle
Bauern ihr Getreide: Roggen, Weizen, Gerste und Hafer gedroschen hatten. Die Umgebung der Strohhaufen waren für die Dorfjugend stets ein beliebter Ort zum „Räuber und Gendarm“ spielen. Man konnte sich dort besonders gut verstecken. Gerhard Frei
Mehr über Teinitzl gibt es hier!! Einführung der ElektrizitätChotieschau war ursprünglich nicht an das Überlandnetz des „Elektrizitätsverbandes der nördlichen Böhmerwaldbezirke GmbH.“ angeschlossen, sondern besaß ein eigenes E-Werk am Mühlgraben. Schon im Adressbuch 1912 wird Johann Steppan als Inhaber einer Kunstmühle und „elektrischer Beleuchtungsanlage“ genannt. Das dürfte angesichts der in Chotieschau schon seit 1905 diskutierten Elektrifizierungspläne wohl mehr eine vorsorgliche Eintragung gewesen sein.Zur
wirklichen Einführung der Elektrizität kam es erst 1920. Der Gemeinderat
beschloss auf Antrag von Josef Gründl einstimmig, ein E-Werk in der
Steppanschen Mühle einzurichten. Angeschafft wurden ein AEG-Generator und eine
Wasserturbine von der „Ersten Brünner Maschinenfabrik“. Die Finanzierung
sicherten ein Gemeinde- und Landeskredit sowie eine Subvention der „Böhmischen
Landesregierung in Prag“Der
Generator lieferte Gleichstrom von 110 Volt. Bei Niedrigwasser oder Treibeis
musste über das Transformatorenhaus an der Mantauer Brücke Strom aus dem
Überlandnetz bezogen werden. Im Jahre 1923 war die Elektrifizierung des Ortes
schon so weit fortgeschritten, dass im Hotel Lomitschka ein Lichtfest gefeiert
wurde. Der Gemeindevorsteher schaltete symbolisch eine Glühbirne ein; Lausbuben
sollen durch Herausdrehen der Sicherung für einige peinliche Minuten gesorgt
haben.Als
Betriebsleiter des E-Werkes fungierten Herr Steppan und Herr Mischek. Die alte
Turbine wurde etwa 1960 demontiert. Wegen des Preisvorteils und der
Umweltfreundlichkeit diskutiert man heute die Neuinstallation einer Turbine im
alten E-Werk.
Die Nachbarorte Chotieschaus bezogen ihre elektrische Energie aus dem Überlandnetz.
Es wurde zuerst vom Kraftwerk am Krimmichschacht bei Nürschan, ab 1926 aber vom
Kraftwerk in Zwug gespeist. Vom Elektrizitätsverband wurden drei
Speiseleitungen nach Westen verlegt. Dabei wurde zuerst die südliche über Staab
nach Stankau errichtet. Dadurch gehörte Mantau zu den beiden Gemeinden, die
schon Mitte 1923 als erste von dieser Überlandleitung Strom erhielten .(Aus
„Kirchsprengel und Kloster Chotieschau“ von Friedebert Volk)
Ein sehr interessanter Bericht über den Teinitzler Kohle-Schacht: Erinnerungen eines
Bergmannes (Von Andreas Wolf im Heimatbrief 1950, Heft 10) Das 50jährige Jubiläum des Teinitzler Schachtes haben jetzt im November 1949 die Tschechen ohne uns gefeiert. Weil dieser Betrieb den Plan hundertprozentig erfüllt hat, bekam jeder Bergmann 2 Paar Krenwürsteln, 2 Kipfeln und 1 Liter Bier. Natürlich wurde auch gespielt und gesungen und der Rundfunk posaunte alles in die Welt hinaus. Die Kumpel müssen den ganzen Monat schwer arbeiten; es gibt nur selten einen freien Sonntag. Bei dem Abbau, der nun getrieben wird, dürfte der Schacht höchstens noch vier bis fünf Jahre in Betrieb sein, dann ist Schluß. Im vorigen Jahr waren in Chotieschau noch gegen 400 zurückgehaltene Deutsche. Diese müssen am Schacht, im Meierhof und in der Ziegelei Staab arbeiten. Auch nach Joachimsthal (Uranbergbau) wurden etliche verschickt. Im Kreis Mies sollen einige Deutsche die tschechische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Wie die Zeitung "Prace" berichtet, erhielten die tschechischen Bergleute zwei Uniformen, eine für die Feiertage und eine für die Parade. Durch Armstreifen sind Dienstjahre und Dienstgrade zu erkennen. Mich haben schon viele Menschen gefragt, wie tief
der Teinitzler Schacht ist. Der
Teinitzler Schacht ist 409 m tief. Hundert Meter tiefer ist der Zwuger Schacht.
Hier noch die Tiefen der anderen Schächte: Mantauer Schacht 220 m,
Bayer-Schacht 110 m, Zieglerschacht 120 m. In früheren
Zeiten waren die Arbeitsverhältnisse schwieriger, weil es keine Bohrmaschinen
oder Pickhämmer, keine Haspel oder
Lokomotiven gab. Im Jahre 1906
habe ich im Südfeld angefangen. Damals
waren wir vier Mann vor Ort. Wir mußten
den Hunt hinauf- und herunterführen, es war eine Strecke steil wie ein Dach und
25 bis 30 Hunte mußten wir dem Steiger fördern, dann war er zufrieden. Vorher waren immer sechs Mann vor Ort, vier
Förderer und zwei Häuer. Das war dem
Betrieb zu teuer und er nahm zwei Mann weg, verlangte aber die gleiche
Leistung. So wurde schon damals das
Antreibersystem eingeführt und es hat sich bis in die heutige Zeit erhalten.
Der Häuer mußte die Kohle auf die Bühne geben, damit sie der Förderer von zwei
bis drei Orten schön aufladen. konnte, denn von einem Ort wurden 7 bis 10 Hunte
weggefahren. Damals hatten wir 25 Pferde im Schacht, die auf die
einzelnen Reviere aufgeteilt waren. Da
wir jedoch zu wenig Pferde hatten, mußten diese bald zwei Schichten in einem
Tag machen. So mußten die meisten Pferde 18 Stunden und wir Bergarbeiter
bereits 10 Stunden (einschließlich Ein- und Ausfahrt) arbeiten. Durch die Einführung der Kettenbahn, die die
Wagen bergauf, bergab und in der Ebene zog, wurden die Pferde immer
seltener. Die Pferde haben einen
guten Instinkt und können im Dunkeln
besser sehen als der Mensch. Sie wissen genau, wo sie sich anstoßen könnten und
wo es bergauf und bergab geht. Die
Pferde können auch zählen. Hängte man ihnen einmal zwei Wagen mehr an, so
blieben sie stehen. Die Pferde blieben
so lange im Schacht, bis sie ihr Gnadenbrot erhielten. Die Pferdeburschen
mußten mit ihren Pferden die Kohle zum Schacht transportieren. Die besten Pferdeknechte waren damals der
Jockl Wenzel, der Galandn Seff und der Theiß Wenzl. Der Theiß Wenzl und sein Bruder Johann aus Chotieschau mußten im
Jahre 1918 bei der großen Explosion im Schacht ihr Leben lassen. Hierüber
berichte ich noch später genauer. Der
Schischka Josef, alias Galland, wurde von Cbotieschau aus ausgewiesen und lebt jetzt in Gensungen im Bezirk Kassel. Bezahlt wurde wie folgt: Der Förderer bekam einen Taglohn von 1 fl 50 kr bis 1 fl 80 kr, der Häuer 1,80 bis 2,20 fl und der Hilfsarbeiter bis zu 1,20. Das reichte zum Leben, denn 1 Ei kostete 1 Kreuzer und ein halber Liter Bier 5 Kreuzer. Die Arbeit des Hilfsarbeiters bestand im Kranichziehen, Stempel Aufstellen, Auskehren und dieses besonders, wenn Herr Czermak kam, denn da mußte alles nach Vorschrift sein: die vorgetriebenen Strecken schön angespreizt, die Kohle mit Kalk angespritzt, damit sie auf der Strecke nicht geraubt werden konnte. Unsere Vorgesetzten waren meistens Tschechen aus Pribram. Der Obersteiger Larsa war im Südfeld, der Vanzky im NordfeId. Oberhäuer waren Steffek, Landa, Staschek, Ruzicka, Glan, Dbaly. Pumpenwärter waren Maur und Schindelar. Leipert war zuletzt Obersteiger. Unsere Herren brachten Hunderte von Tschechen aus Pribram mit und diese tschechisierten nicht nur die Betriebe, sondern auch unsere deutschen Dörfer. Jedem Oberhäuer wurde ein deutscher Fahrhäuer beigestellt (z.B. Turnwald und Bayer aus Chotieschau), damit die Deutschen nicht schimpften. Die tschechischen Oberhäuer konnten kein Wort deutsch und hatten auch keine Bergschule absolviert, nicht einmal der Obersteiger Larsa. Nur der Obersteiger Janzky hatte einen Steigerkurs. Erst im Jahre 1907 kamen deutsche Bergschüler und zwar die Steiger Hurth, Basak, Karl, Kotschy, Kulik und Wenzel. Im Jahre 1909 kam nach einem vierwöchigen Streik auch der Steiger Wohlrab. Dieser darf nicht vergessen werden. Er war der beste Mann und ihm kann niemand etwas Böses nachsagen. Er wurde ebenfalls vertrieben und lebt nun in Bayern von seiner wohlverdienten Rente. In den Jahren 1921/22, als der Mantauer Schacht stillgelegt wurde, wurden auf Fürsprache von Obersteiger Leipert auch einige Deutsche übernommen und auch ohne Bergschule angestellt. Massanetz und Giptner aus Mantau, Turnwald. und Werner aus Chotieschau. Daß so viele Tschechen in Zwug und Chotieschau einwandern konnten, lag nur an den deutschen Hausbesitzern, denn wenn sie von einem Tschechen 1 fl mehr Miete bekamen, so nahmen sie diesen lieber auf als einen Deutschen. Nach dem ersten Weltkrieg waren wir Deutschen ja machtlos. In Zwug war gleich ein tschechischer Bürgermeister da und Zwug wurde von Tschechen geradezu überschwemmt. Hierüber können die Zwuger selbst berichten. Ein Jahr nach dem ersten Weltkrieg förderten wir täglich 2.500 Hunte Kohle. Durch alte Hunte, die des Ausrangierens wert gewesen wären, gab es viele Störungen. Es sollte aber die Zahl der Arbeiter gleich der der Hunte sein und jeder Hunt zweimal am Tage in die Grube gehen und schön vollbeladen wieder heraufkommen. Wir hatten 1200 Arbeiter und 1200 Wagen, davon aber 400 schlechte. Da kamen im Jahre 1923 eine Öl- und drei Luftlokomotiven in die Grube und plötzlich gab es viele leerstehende Hunte und die Ausrede, wir haben keine leeren Wagen, Herr Steiger, galt nicht mehr. Wer erinnert sich noch daran, daß am Mantauer-, am Bayer- und am Nürschaner Lazarus-Schacht nur Stückkohle aufgestapelt war? Die kleine Kohle oder Lösche wurde vor 1890 überhaupt nicht aus der Grube gefahren, weil sie niemand wollte, obwohl sie die beste Kohle ist. Allerdings war auch die Sortierung der Kohle auf der Halde damals nicht so gut möglich wie heute. Auch mit dem Wasser hatte man früher viel zu kämpfen, da die Pumpen unzulänglich waren. Am Bayer-, Mantauer und Teinitzler Schacht hatten wir Dampfpumpen obertags aufgestellt, die das Wasser aus dem Schacht gehoben haben. Das Schwungrad einer solchen Dampfpumpe hatte einen Durchmeseer von 12 Metern. Als z. B. die Dampfpumpe vom Teinitzler Schacht an Simon Hoffmann (Eisenhof) nach Pilsen verkauft wurde, konnte diese Firma 75 Waggon Eisen und Kupfer wegfahren. Die Pumpe förderte in einer Minute 1.200 Liter Wasser. Zu ihrer Aufstellung benötigte man ein ganzes Jahr, zum Abmontieren ein halbes. Zu ihrer Bedienung benötigte die Pumpe zehn Mann und verbrauchte in einem Jahre hundert Fässer Oel und andere Schmiermittel. Am Mantauer Schacht mußte die Pumpe noch stärker sein, da dort die doppelte Wassermenge gepumpt werden mußte, obwohl der Schacht nur 220 Meter tief war. Von einer ungarischen Firma wurde damals 27 solcher Riesenpumpen aufgestellt. Wenn man sich diese gewaltigen Ziffern und Daten durch den Kopf gehen läßt, dann weiß man, daß es in unserer Heimat damals viel Zufriedenheit, Glück und Segen der Arbeit gegeben hat. Da brauchte keiner stempeln zu gehen, es gab Arbeit in Hülle und Fülle. Teinitzler Schacht .....mit Tieren vomSchacht Ein Bericht aus Lossin: S` Lossiner Trodt-Teichl (von "Nannl" im Heimatbrief 1966, S.488) Das Trodt-Teichl lag abseits
vom Dorf und wurde auf der einen Seite von einer Obstallee und auf der anderen
von der Bummlwiesn umgeben. Der Teich
war ein Fischteich und sein Damm war zum größten Teil mit Felwa-Stauran
(Weiden) bepflanzt. Von der Häng her
hatte er ein sanftes, sandiges Ufer. In dem Weidengebüsch suchten
wir Laubfrösche, brachten diese auch heim, was unseren Eltern nicht recht war
und wir mußten sie wieder zurücktragen.
Im Frühling erscholl aus dem Teichl ein vielstimmiger Froschchor,
welchen wir des abends so gern hörten.
Bis ins Bett tönte das Quaken.
Es war sozusagen unser Wiegenlied. 0 selige Kinderzeit, du liegst so weit, so weit! Nannl Kleine Wirtschaftsgeschichte der früheren
Klosterherrschaft Chotieschau von Friedebert Volk Das sudetendeutsche Klosterdorf Chotieschau liegt im
Radbusatal (südlicher Kreis Mies) und wurde etwa 1205 vom böhmischen Adligen
Hroznata als Filialkloster zu Stift Tepl gegründet 1. Vorindustrielle Zeit a) Siedlungscharakter des Hauptortes Von Beginn an überwiegen in den Steuer- und Bürgerlisten des Dorfes Chotieschau die Häusler. Man muß in ihnen zumeist Klosterangestellte sehen, die mit ihrer "Chaluppe" eine Art Nebenerwerbsstelle besaßen. Chotieschau hatte somit schon sehr früh den Charakter einer Siedlung tertiärer Art, d.h. eines vom Dienstleistungsgewerbe geprägten Ortes. Was den primären Produktionssektor angeht (Land- und Forstwirtschaft, Bergbau), gab es in Chotieschau nie mehr als drei bis fünf Vollbauernstellen. Den Rest der Gemarkung beanspruchte der Meierhof des Klosters. Ganz unter herrschaftlicher Regie stand die Forstwirtschaft. Bergbau war bis ins 19. Jahrhundert unbekannt. Nach Metall schürfte man nur außerhalb des Klostergebietes, in und bei Mies. Selbstverständlich gab es in Chotieschau auch Handwerker. Meist waren sie aber auch nur Dienstleister, weil sie vom Kloster berufen worden waren und ein Privileg genossen, beispielsweise durch das ihnen verliehene Prädikat „herrschaftlich“. Der Ort war daher auch keine Siedlung sekundären Bereiches (Gewerbe, Industrie), dies um so mehr, als auch die Handwerker zur wirklichen Existenzsicherung meist etwas „Urproduktion“, sprich Landwirtschaft, betreiben mußten. Die Analyse zeigt, daß Chotieschau eine Siedlung eher tertiärer Art war, wenn auch die beiden anderen Sektoren nicht völlig fehlten. Im Unterschied zu Chotieschau überwogen in den umliegenden Dörfern die "Urproduzenten", also die Landwirte. Ihr Fleiß schuf die Lebensgrundlage für die ganze Region. Das Urbar von 1367 nennt als Anbauprodukte Hafer, Gerste, Roggen, Weizen, Erbsen, Mohn und Flachs. Verschiedene Hinweise auf Wiesen und Abgaben von Käse deuten auf eine rege Viehzucht hin. Als das Kloster 1205 gegründet wurde, waren ihm 18 Dörfer untertan. Bis 1373 erhöhte sich diese Zahl auf 54. Obwohl Chotieschau damit nicht zu den größten Grundherrschaften Böhmens gehörte, war es mit 330 Schock Groschen der größte Steuerzahler der böhmischen Krone. Man wird darin einen Gradmesser für die Tüchtigkeit seiner Landwirte sehen dürfen, denn die Klima- und Bodenverhältnisse waren zwar gut, aber nicht optimal. Vielleicht sind daraus aber auch Rückschlüsse auf die Steuerehrlichkeit unserer Vorfahren möglich. Über die Abgabepflichten der Bauern belehrt uns das schon erwähnte Urbar von 1367. Gefordert wurden Naturprodukte, Geld und Frondienste (Robot) auf den klösterlichen Meierhöfen. Bekannt sind 16 Namen solcher Höfe, die aber nie alle gleichzeitig in Betrieb gehalten wurden. Die wichtigsten lagen in Chotieschau, Salluschen, Littitz und später auch in Petersheim. Ein wichtiger Wirtschaftszweig des Klosters war die Teichwirtschaft. Archivalien über Zahl und Ergiebigkeit dieser Teiche gibt es aber erst aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts, doch ist unstrittig, daß sie schon in vorhussitischer Zeit angelegt wurden. Die größten von ihnen waren Janov, Sulkov und Lasitov. Einen ersten, nicht nur wirtschaftlichen Rückschlag gab es durch die Hussitenkriege. Der örtliche Adel benutzte die unsichere Lage nach dem Tode König Wenzels im Sommer 1419, um den größten Teil der Klostergüter an sich zu bringen. Die Zahl der Klosterdörfer sank 1459 daher auf nur 17. Der frühere Wohlstand scheint aber 1490 wieder eingekehrt zu sein, denn der Böhmenreisende Johann Butzbach von Miltenberg berichtete, daß damals in Böhmen allgemein "das gewöhnliche Volk bei der Mittags- und Abendmahlzeit selten weniger als vier Gerichte" habe. Auch später, so z.B. im Jahre 1545, kritisierten die böhmischen Landtage oft den Luxus des Landvolkes. Chotieschau dürfte davon keine Ausnahme gemacht haben. Als Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwunges könnte 1487 der Erwerb eines Wohnhauses in Pilsen gelten. Der Dreißigjährige Krieg stürzte auch Chotieschau in tiefstes Elend. Schon vorher, etwa seit 1600, war eine Steigerung der Robottage zu beobachten. Erst recht mußten sie nach der Katastrophe vermehrt werden. In Chotieschau hielt sich die Belastung aber immer noch in Grenzen, weshalb sich die dortigen Bauern 1680 auch nicht ernsthaft am Bauernaufstand beteiligten. Ein geflügeltes Wort lautete: "Unterm Krummstab ist gut dienen". Dennoch darf man sich über die Härte des damaligen Lebens nicht täuschen, insbesondere im baufreudigen 18. Jahrhundert, als unter Probst Schmidl die monumentale Klosteranlage errichtet und die Pfarrkirche erneuert wurden. Diese Vorhaben konnten nur durch äußerste Anspannung der Wirtschaftskraft der ganzen Region verwirklicht werden und verlangten unseren Vorfahren größte Opfer ab. Roggen 2028 ha, Weizen
1491 ha, Hafer 1783 ha, Gerste 1739 ha, Zuckerrüben 123 ha, Klee 1565 ha, Kartoffeln 1041 ha 2. Industrialisierung Die Bevölkerung unserer Heimat suchte stets nach Nebenerwerb. Als Kuriosum sei dafür die "Maschenfabrikation" in Rothaujezd, Petersheim und Dorf Tuschkau genannt. Man flocht aus dem Schilf der umliegenden Teiche Einkaufstaschen (tschech.: mosna), die bis nach Bayern abgesetzt wurden. Zeitweise versuchte man es mit der Pottaschenproduktion, dann mit Heimarbeit für eine Linzer Tuchfabrik, die um 1830 bis zu 1.500 Wollspinner beschäftigte. Am beständigsten erwies sich die Biererzeugung. Neben Wiesengrund entwickelte sich besonders Staab zu einem blühenden Brauereistandort. Die ursprünglich klostereigene Chotieschauer Braustätte konnte sich daneben nur bis zum Jahre 1904 halten. All das wurde im 19. Jahrhundert durch die großen Steinkohlenschächte in den Schatten gestellt. Die Kohlenflöze hatten die Form einer Schüssel, deren tiefster Punkt etwa bei Zwug lag. An den Rändern der "Schüssel" "biß" die Kohle aus, d.h. sie war oft im Tagebau zu gewinnen. Dort entstanden vor etwa 200 Jahren auch die ersten kleinen Schächte, deren Kohle mit sogenannten Fasunkawagen (tschech. fasunek = Leiterwagen) abtransportiert und vor allem an Schmiede verkauft wurde. In Wilkischen allerdings gründete 1854 der fränkische Baron von Lindheim auf dieser Grundlage ein bedeutendes Eisenwerk. Als sein Kohlebedarf wuchs, schritt er 1862 bei Mantau in größerem Stile zur Kohleförderung. Die Täufe betrug bald mehr als 100 m und erreichte um 1880 stolze 250 m. Tiefer konnte man nur mit "Maschinenschächten", die die "Mannschaftsseilfahrt" gestatteten, gehen. Bis dahin "fuhren" die Bergleute über Leitern ein! Von den großen Maschinenschächten wurde 1902 der Teinitzler Schacht mit einer Täufe von 421 m in Betrieb genommen und wenig später der noch bedeutendere Zwuger Schacht mit etwa 650 m. Der neue Energieträger Kohle lockte auch andere Industrien an. Das Eisenwerk in Wilkischen wurde schon erwähnt. Nürschan und Holleischen wurden Standorte bedeutender Glasfabriken mit bis zu 1200 Arbeitern alleine in Holleischen! Nicht zuletzt belebte sich auch das Chotieschauer Gewerbeleben. Seiler flochten Seile, Schuhmacher fertigten die hohen Schaftstiefel für die Bergleute an, Landwirte karrten die Stämme für das Grubenholz herbei, Maurer, Zimmerleute, Schlosser und Elektriker waren beim Ausbau der Untertagestrecken tätig. Insgesamt fanden alleine am Teinitzler Schacht 1400 Arbeiter Lohn und Brot. Als indirekte Folge der Kohleförderung kann die Einrichtung einer Tochtergesellschaft der Pilsner Skodawerke in den Werkhallen des 1921 aufgegebenen Mantauer Schachtes angesehen werden. 1944 suchte dort sogar eine Reparaturwerkstatt für Flugzeugmotoren der Deutschen Luftwaffe Zuflucht. Die starke Industrialisierung des Chotieschauer Gebietes spiegelte in etwa die Verhältnisse im ganzen Sudetenland wider. Dieses wies 1914 mit 54 % die stärkste Industriedichte Europas auf, vor England mit 46 % oder Deutschland mit nur 40 %! Als 1918 die CSR gegründet wurde, übernahm sie 76 % des Industriepotentials der Habsburg-Monarchie, wovon wiederum 80 % in sudetendeutscher Hand lagen. Das gute Arbeitsplatzangebot in den deutschen Randgebieten Böhmens zog selbstverständlich auch Tschechen aus dem Landesinneren an. Bei uns hießen diese Arbeiter „Pitlaken“, weil sie über das Wochenenden in ihre Heimatdörfer zurückkehrten und am Montag von dort in einem „pitl“ (=Rucksack, deutsch: Beutel) frische Wäsche und etwas Proviant mitbrachten. Mit der Zeit wurden sie aber bei uns seßhaft und gründeten Familien. So nahm auch in Chotieschau die Zahl der tschechischen Familien von vier im Jahre 1885 auf mehr als 100 (oder 790 Personen) im Jahre 1930 zu. Beschleunigt hatte sich diese Entwicklung nach 1918 durch eine gezielte Siedlungspolitik Prags und einen handfesten tschechischen Wirtschaftsnationalismus, der tschechische Arbeiter deutschen vorzog. Adolf Hofmann, der langjährige Gemeindesekretär Chotieschaus, spricht vom „Schlager jener Zeit", den viele arbeitslose Deutsche zu hören bekamen: "Schicke Deine Kinder in die tschechische Schule und Du bist morgen wieder in Arbeit" (Heimatbrief 1958, S. 21). Auch bei Handelsverträgen mit dem Ausland kümmerte sich Prag mehr um den Schutz der (vorwiegend tschechischen) Landwirtschaft, als um die sudetendeutsche Industrie, was bald zu einer rasanten Deindustrialisierung des Sudetenlandes führte. Die Hinweise auf Umstellungsschwierigkeiten nach dem Krieg oder auf die Weltwirtschaftkrise überzeugen nicht, denn während bis 1934 die Zahl der sudetendeutschen Betriebe von einst 8.574 auf 4.463 sank (minus 4.111), wuchs die Zahl tschechischer Betriebe, zum Teil auch durch Bevorzugung bei Staatsaufträgen, von 2.144 auf 6.696 (plus 4.553)! Daher sprach Wenzel Jaksch 1936 auch von "einem prosperierenden Innerböhmen" und beklagte, daß 69 % der Arbeitslosen in der CSR Sudetendeutsche waren, obwohl deren Bevölkerungsanteil nur bei 23 % lag. (Europas Weg nach Potsdam, S. 270). Die bedeutendste Werkschließung in der Chotieschauer Region betraf 1935 die Glasfabrik in Holleischen. Das Wirtschaftspotential des Sudetenlandes wurde erst wieder nach dem "Anschluß" 1938 voll ausgeschöpft. Leider konnte es nur kurze Zeit friedlichen Zielen dienen. Unabhängig davon steht aber fest, daß 1946 mit den drei Millionen Sudetendeutschen, darunter auch viele Tausend aus der Region Chotieschau, eine industrieerfahrene Bevölkerung nach Restdeutschland kam, die vorzüglich geeignet war, beim Wiederaufbau mitzuwirken. Militärzwang vor 200 Jahren Eine für die Heimatkunde noch viel zu wenig ausgeschöpfte Quelle sind die Gerichtsprotokolle aus früheren Jahrhunderten. So befinden sich für die ehemalige Grundherrschaft Chotieschau etwa 30 Bände davon, beginnend mit dem Jahre 1777, im Archiv Klattau (Signatur: Chotieschau, K 220ff.). Aus der Art
der Prozeßgegenstände lassen sich recht gut Schlüsse auf die Lebensumstände
unserer Vorfahren ziehen. Einblicke in
die Soziologie dieser Gesellschaft und in Wirtschafts- und
Verwaltungsstrukturen sind möglich.
Deutlich werden auch die wichtigsten Konfliktfelder zwischen
Untertanenschaft und Obrigkeit. So fiel
bei der Durchsicht der drei ersten Bände (1777-1779) die besonders große Zahl
von Verfahren wegen Vernachlässigung der Robotpflicht und wegen Auflehnung
gegen den Wehrdienst auf. Offenbar
deutete sich darin schon der Verfall der absolutistischen Staatenwelt wenige
Jahre vor der Französischen Revolution an.
Im folgenden sollen drei, den Wehrdienst betreffende
Streitfälle geschildert werden.
Bemerkenswert ist die Aburteilung der Unbotmäßigen meist gleich am Tage
nach dem Vorfall und die Bestrafung durch "Karbatsch-Streiche". Dieses Wort bedeutet Schläge mit der
Riemenpeitsche und ist ungarisch-türkisch-tschechischer Herkunft. Rigorose
RekrutierungBenötigte der Landesherr Soldaten, ging man nicht
zimperlich vor. Die Amtswalter vor Ort
suchten die geeigneten jungen Burschen insgeheim aus und holten sie in der
Regel zu nachtschlafener Zeit ab. Dies kennen wir schon aus der Lebensbeschreibung
des Franz Skoda, des Vaters des Pilsner Großindustriellen. In dessen Elternhaus am Sachsentor-Zwinger
erschien 1821 der Pilsner Amtsschreiber Cernowenka mit sechs
"Polizeisoldaten" um Mitternacht, um Franz abzuholen. Franz konnte fliehen und wurde dank des
Einflusses seines Gymnasiallehrers Kugler auch später nicht
"gehoben". In unzähligen
anderen Fällen führte die Einberufung jedoch zu Streit, Verbitterung und
Widerstand. Drakonische Strafe für den Bauern Wenig Im Chotieschauer Oberamt wurde am 9. 11. 1778
protokolliert: Bei der "heutnächtigen Recroutierung des Knechtes Bartl
Schober hat der Bauer Lorenz Wenig aus Marschgrafen sich widerspenstig gezeigt,
die Tür nicht aufgemacht und dem Marktstaaber Gericht ein böses Maul
angehängt". Bauer Wenig
entschuldigt sich damit, daß er "im Schlaf gewesen" sei und falsch
reagiert hätte. Diese Ausrede half ihm
nicht, und er wurde zu 20 Karbatschschlägen verurteilt. In der Nacht vom 19. zum 20. März sollten in Chotieschau "Mannschaften zum allerhöchsten Herrn Dienst in größter geheim- und unter der schwersten Verantwortung gehoben werden". Der Töpfer Johann Pecher sollte helfen, die "allerhöchste Willensmeynung mitzuvollziehen", d. h. die Rekruten nachts abzuholen. Der "hierortige Töpfer" versagte mit verschiedenen Ausflüchten und unanständigen Ausdrücken jedoch seine "Hülfe". Das"iudicium in officio Dominii Kotischoviensis
die 21. Martly 1778 habitum" kam
zu dem Schluß, daß derartige Unbotmäßigkeit mit neun Karbatsch-Streichen zu
ahnden sei. Anwesend waren 3
Oberrichter und 7 Richter.
Besonders reizvoll ist dieser Fall, weil der
Delinquent anhand des Chotieschauer Ortssippenbuches genau identifiziert werden
kann. Er wohnte im Hause Nr. 77, das er
am 17. 10. 1780 von seinem Bruder Wenzel für 400 Gulden erwarb. Wenzel wird im Josephinischen Kataster als
"Töpfergeselle" bezeichnet. "Den Daumen ins Maul
gestecket" Aus dem Josephinischen Kataster bekannt sind auch die fünf am nächsten Streitfall beteiligten Personen. Am "2. Mey 1778" muß sich im Chotieschauer Oberamt Johann Dickh aus Pscheheischen Nr. 36 verantworten. Er hatte den Dorfrichter von Pscheheischen, Simon Vogl (Nr. 1), zur Rede gestellt, warum er seinen einzigen, erst sechzehnjährigen Sohn "bei der letzthinnigen Recroutierung gehoben", also zum Militär geholt habe. In Untersekerschan sei seines Bruders (wahrscheinlich Christoph Dickh, Nr. 1) einziger Sohn auch nicht gehoben worden, warum dann bei ihm? Als das Zanken nicht enden wollte, befahl der Richter dem anwesenden Geschworenen Johann Trutschek (Nr. 38), den Dickh in Arrest zu nehmen. Da Dickh aber des Trutschek Gevatter war, weigerte sich dieser. Da der "Lärm" bald wieder anfing, wollte Vogl den Dickh selbst arretieren. Dabei versetzte er Dickh zwei "Streiche". Dickh wehrte sich, "trifft" den Vogl auch zweimal und wirft den Richter sogar aus dessen eigener Stube hinaus. Als Vogl bald darauf "zum Abtritt" ging, überfiel ihn Dickh erneut und verabreichte ihm vier Ohrfeigen. Den fliehenden Dickh haben sodann Vogl und Trutschek gemeinsam gefangen. Erschwerend kam hinzu, daß Dickh bei der Gefangennahme den Vogl in den Daumen "gebüßen" hat. Bei der Vernehmung streitet der Angeklagte ab, dem Vogl "auf dem Mist" 2-3 Ohrfeigen gegeben zu haben. Auch von einem "Fingerbiß wisse er nichts, der Richter müßte ihm denn den Daumen in das Maul gestecket haben". Da aber die Geschworenen Trutschek und Andreas Gutta (wahrscheinlich Kutka, Nr. 20) die Darstellung des Richters bestätigen, wird Bauer Dickh zu 15 "Karbatsch-Streichen" zur "selbsteigenen Besserung" und anderen "zur Erspiegelung" (Abschreckung) verurteilt. Ferner wird ihm Arrest bis zur Aussöhnung mit dem Kläger angedroht. Daher reicht Dickh "sogleich nach erhaltenen Schlägen" in der Amtskanzlei dem Vogl die Hand. Wie schon mehrfach berichtet, geben die
Chotieschauer Protokollbücher interessante Auskünfte über das Leben in der
damaligen Klosterherrschaft.
Recht häufig finden sich Eintragungen über
Einsprüche von Landwirten bei Seiner Kaiserlichen Majestät wegen
"abgenommenen Hofes".
Offenbar sollten immer wieder Bauern, die aus der Scholle nicht genügend
Gewinn herausholten, durch neue Anwärter ersetzt, werden.
Auffallend oft wird auch gegen "Salzpascher" (Salzschmuggler) eingeschritten. Das Amt Klattau beschwerte sich am 13. 5. 1778, in letzter Zeit "bis 100 Mann Salzpascher betretten" (also ertappt) zu haben. Regelmäßig tauchen auch Anzeigen wegen versäumter Robot auf. Diese Reibereien mit der "Herrschaft" endeten erst 1848 durch den Bauernbefreier Hans Kudlich. Allerdings vertritt Josef Lewey, der frühere Ortsbetreuer von Dorf Tuschkau, die Ansicht, daß manche Bauern nach ihrer "Befreiung" viel Zeit mit Kartenspielen im Gasthaus verbrachten und so in Schulden kamen. Oft verfielen sie dann dem Geldverleiher, der seine Ansprüche im Grundbuch absichern ließ, was man "eiserne Kuh" nannte. Diese Abhängigkeit sei oft bitterer gewesen als die Robot (HB 1967, S. 229 f.). Unter dem 13. 9. 1779 berichtet das Protokollbuch über verschiedene Bauern aus Pscheheischen, die statt der geforderten zwei, nur eine Person zur "Mähung des Grumeth auf den Wostrawa" nach Chotieschau entsandt hatten. Außerdem erschienen sie nicht, wie befohlen, schon um 7.30 Uhr, sondern erst kurz vor 9.00 Uhr, obwohl der Weg nur höchstens eineinhalb Stunden lang ist". Der "mitgeweßte" Geschworene, Johann Truschek (Haus-Nr. 38), gibt an, "daß er die Robother auf dem Weg nicht habe fortbringen können". Somit setzte es für die Säumigen wieder Karbatstreiche. Nach dem josephinischen Kataster von 1785 kann man die Bestraften meist auch den einzelnen Bauernhöfen zuordnen: Es
erhielten:
Johann, der Sohn des Anton Nadler (Nr. 29): 4 Streiche Magdalena, die Magd des Peter Wenzlik: 5 Streiche Anna, "das Mensch" des Josef Becher (Nr. 30): 3 Streiche Anton, der Dienstbub des Andreas Kutka (Nr. 20): 3 Streiche Elisabeth, "das Mensch" des Lorenz Lappat (Nr. 16): 4 Streiche Simon, der Dienstbub des Lorenz Ihl (Nr. 12): 3 Streiche Susanna, das Mensch" des Simon Wagner: 4 Streiche Johann, der Knecht des Mathias Vogl (Nr. 21): 5 Streiche Jakob, der Knecht des Friedrich Lippert (Nr. 17): 5 Streiche Magdalena, das "Dienstmensch" des Bartl Karl: 3 Streiche Jakob, der Knecht des Johann Lappat (Nr. 5): 6 Streiche Eva, die Tochter des Mathias Pecher (Nr. 35): 4 Streiche Barbara, die Magd des Johann Dick (Nr. 36): 6 Streiche Wenzl, der Sohn des Simon Rauner (Nr. 37): 6 Streiche Catharina, die Magd des Lorenz Janota: 3 Streiche Gabriel, der Dienstbub des Gabriel Vogl (Nr. 15): 3 Streiche Jakob, der Knecht des Mathias Klima (Nr. 23): 5 Streiche der Knecht.des Josef Dick (Nr. 7): 6 Streiche der Knecht des Bartl janota (Nr. 3 1): 7 Streiche Dorothea, die Tochter des Mathias Haala (Nr. 2): 3 Streiche Elisabeth, die Tochter des Heinrich Vogl (Nr. 24): 3 Streiche In dieser."Saumsaal' war auch Mathias Spiller, der Knecht des Mathias Seeberger (Nr. 14 ?) „betretten" worden. Da er aber Rochlowaer Untertan war, wollte er sich von den Chotieschauern nicht züchtigen lassen und hat dem "Amt nebst einem ziemlich losen Maul Trutz gebothen“. Die Rechtsgelehrten von Chotieschau wußten sich aber zu helfen. Sie richteten an das Rochlowaer "Würthschaftsamt" die Bitte um Gestattung der Strafe oder um Abstrafung dortselbst. Bis zum Eintreffen der Antwort sollte der Spiller im Thorstübchen angeschlossen aufbehalten werden". Ist nur zu hoffen, daß die Antwort nicht allzu lange auf sich warten ließ!
Friedebert Volk Dobrzan - Unterschlupf für Drückeberger? Am 20. 3. 1779 (offensichtlich zu Beginn der Frühjahrsbestellung) verfügte das "Amt“ in Chotieschau: „Sämtliche sich in Dobrzan ohne Amts-Consens befindlichen Herrschaft-Chotieschauer leibeigenen Inwohner“ müssen sich "binnen 14 Tagen auf der Herrschaft eine Wohnung aussuchen und beziehen und sollen also ihre schuldige Roboth der Herrschaft verrichten". Überprüfung der Hohl-, Langen- und Gewichtsmaße
Das Chotieschauer Amt nahm auch die Aufgaben eines Eichamtes wahr und gab am 30.12. 1780 bekannt: "Nachdem das Jahr 1780 zum Ende geht, so will also erforderlich seyn, daß in Gemäßheit der Pollizey-Ordnung die Maß - Ellen - Gewicht visitiert werden. Es wird demnach ein jeder Oberrichter mit Zuziehung der Geschworenen... genauest visitieren und das unächt befundenen wegnehmen und die Eigentümer dem Amt zur weiteren Bestrafung anzeigen.' Raufereien während der Gottesdienste? "Mittels einer Amts-Currende" vom 2. 10.
1782 an die Städte, Märkte und dann Oberrichter zur weiteren Bedeutung wird
annotiert", daß die "Raufereyen unter dem Gottesdienst
nachdrücksamst verboten... werden".
Friedebert Volk
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