Der Kreuzberg bei Chotieschau (verfasst 10/2010) Schon von weitem, wenn mann sich Chotieschau nähert, sieht man den Kreuzberg. Seine Geschichte und die des Ortes und des Klosters Chotieschau sind eng verbunden. So soll es z.B. nach alten Überlieferungen sogar einen unterirdischen Gang vom Kloster bis auf den Kreuzberg gegeben haben, was aber nie verifiziert werden konnte. Blick vom Kloster zum Kreuzberg (im Jahr 2000) Der
Kreuzberg - schon in alten Zeiten auch "Wabrina" genannt - ist mit
seiner Lage am Rande des Pilsener Beckens und seiner Höhe von 485 m
sehr früh auch ein mystischer Berg gewesen. Die
Legende berichtet, dass auf dem höchsten Punkt des Berges in alter Zeit
eine Adelsburg stand, die als Grenzfeste den Verbindungsweg von Burg
Karlstein über Burg Hradina zur bömische Grenzburg Pfraumberg (Primda)
sichern half. Kriegerische Ereignisse löschten die Burg aus und der Wald
überwucherte den Berg. Der Sage nach halten drei "weiße Frauen" die
Erinnerung an eine Burg auf dem Wrabina-Berg wach. Später wurde an
dieser Stelle ein Kreuz aufgestellt, das von den Bewohnern der Umgebung
verehrt wurde. Dieser Kreuzesverehrung verdankt die "Wrabina"
auch ihren jetzigen Namen "Kreuzberg". Nach und nach wurde der
Kreuzberg eine weithin bekannte Wallfahrtsstätte. Geschichtliche Daten: 1210 Hroznata baut das Prämonstratenserinnenstift Chotieschau 1243 Das Stift kauft unter Probst Zdiaslaus den Berg Wrabina 1639 Die Schweden verwüsten das Land während des 30-jährigen Krieges und plündern das Kloster 1652 Probst Brandauer berichtet, dass am Kreuzberg "seit undenklichen Zeiten" ein Kreuz steht, zu dem viele Wallfahrer pilgern 1739 Forstmeister Wenzl Eberl vom Stift läßt am Gipfel des Kreuzberges für das alte Kreuz ein neues "Gnadenkreuz" aufstellen 1740 Fertigstellung der "Heiligen Stiege" zum Gnadenkreuz aus Marmor 1743 Aufstellen einer hölzernen Kapelle zum Schutz für die Wallfahrer 1755 Fertigstellung der ersten (großen) Wallfahrtskirche unter Probst Schmidl 1782 Ein kaiserliches Patent von Josef II hebt das Stift in Chotieschau auf 1782 Die Kreuzbergkirche wird auf behördliche Anordnung geschlossen und zum Abriss freigegeben 1832 Vergeblicher Versuch, am Kreuzberggipfel wieder eine Kapelle zu bauen 1862 Pater Felix Koch erbaut die jetzige zweite Kreuzbergkirche 1863 Es werden schon wieder 10 000 Pilger gezählt 1916 Brand des Hegerhauses am Kreuzberg 1922 Gründung des Kreuzbergvereins mit Sitz in Staab 1923 Wiederaufnahme der großen Kreuzberg-Wallfahrten und Bau des Schutzhauses durch den Kreuzbergverein 1927 Erweiterungsbauten an der Kirche (Sakristei und Vorhalle) 1931 Bau des Glocken- und Aussichtsturmes 1939 Löchung des Kreuzbergvereins durch Verordnung des Dritten Reiches 1944 Letztes deutsches Wallfahrtsfest mit Abt Petrus Möhler 1960er bis 80er Jahre: Stationierung der tschechischen Volksarmee und weitgehender Verfall der Kirche 2000er Jahre: Renovierung und Wiederaufbau der Kirche; 2004 Wiedereröffnung des Aussichtsturmes Das Gnadenkreuz In
den Annale des Klosters schrieb erstmals Probst Z. Brandhauer (1639 -
1657), dass auf diesem Berg schon "von alters her" die Verehrung eines
Kreuzes gepflegt wurde. Der Forstmeister der nahegelegenen Klostergüter
in Chotieschau Wenzel Eberl ließ an dieser Stelle zum Dank für die
Rettung vor einem gewaltigen Blitzschlag 1739 ein kunstvoll gestaltetes
Kreuz errichten, zu dem die Leute aus der Umgebung erst einzeln, dann
in Gruppen pilgerten, um beim gekreuzigten Heiland Hilfe und Gnade in
mancherlei Anliegen zu erflehen oder auch dem Herrgott aus Anlass der
Abwendung eines Unheils oder für die Überwindung einer Krankheit zu
danken. Das Kreuz, ursprünglich im Freien jedem Wetterunbill
ausgesetzt, wurde bald durch eine hölzerne Kapelle geschützt und später
in den Bau einer geräumigen Wallfahrtskirche einbezogen. Die Heilige Stiege Die weitberühmte HL.Stiege wurde 1740 aus Marmor gefertigt und führte mit ihren 18, später auf 28 erweiterten Stufen direkt zu Gnadenkreuz. Sie versinnbildlicht die Stufen, die zum Gerichtsplatz des römischen Statthalters von Jerusalem Pontius Pilatus führten. Christus soll sie insgesamt sechsmal begangen haben. Die Stufen waren im Jahre 326 von der frommen Kaiserin Helena nach Rom gebracht und von Papst Sixtus (1585-1590) vor das Oratorium des hl. Laurentius gesetzt worden. Da nicht alle Christen nach Rom pilgern konnten, wurde mit Erlaubnis der Päpste diese Stiege in vielen Ländern nachgebaut und mit den gleichen Nachlässen begnadigt wie die von Rom. Auch die Stiege auf dem Berg Wrabina war eine derartige Nachbildung des Originals von Rom. In die einzelnen Stufen ließ Probst Christoph Schmidl zum Teil kostbare Reliquien einmauern. Die Stufen 2,11 und 28 enthielten sogar Kreuzespartikel zum Andenken an Mißhandlungen Jesu auf diesen Stufen. Der Ablass wurde gewonnen, wenn zusätzlich zum Empfang der hl. Sakramente die einzelnen Stufen von den Besuchern knieend geküsst und die eigens dafür verfassten Gebete gesprochen wurden. Die Heilige Stiege war von 24 Engelsfiguren flankiert. Die Heilige Stiege Die erste Kreuzbergkirche, erbaut von 1747-55 Die erste Wallfahrerkirche Die
hölzerne Kapelle erhielt bald eine prunkvolle Nachfolgerin. Grund war
ein Gelübde des Chotieschauer Probstes Christoph Schmidl in der Zeit
des österreichischen Erbfolgekrieges (1740). Er wollte eine große
Kirche auf der Wrabina erbauen lassen, wenn das Kloster von
kriegerischen Einwirkungen verschont bliebe. Nachdem die Gefahr gebannt
war, errichtete das Stift zwischen 1747 und 1755 auf dem Kreuzberg ein
kunstvoll ausgestattetes, 40m langes und 20m breites, mit Kuppeln
überwölbtes Gotteshaus. Es war nach dem Muster der Karlshofer Kirche in
Prag entworfen worden. An der künstlerischen Ausstattung waren die
Pilsener Bildhauer und Maler Julius Lux und Karl Legat beteiligt.
Ersterer schuf die Freskenmalereien an der Decke. Die Kirche besaß eine
reich vergoldete Einrichtung. Beim Bau trugen viele Pilger die Bausteine den Berg hinauf. In der Kreuzbergchronik heißt es, dass nach dem Jahre 1755 "die Bewohner des Königreiches Bayern bis aus der Gegend von Amberg die Kreuzbergkirche besuchen". In der Epoche der Josefinischen Klosterauflösungen wurden durch ein Dekret des Kaisers Josef II die Nonnen im Kloster Chotieschau vertrieben und das kirchliche Eigentum dem Religionsfond übergeben (1722). Die Wallfahrtskirche war somit schutzlos und musste auf behördliche Anordnung bis auf einen einzigen Pfeiler abgebrochen werden. Das Kreuz wurde in der Pfarrkirche von Staab in Verwahrung genommen. Die Bevölkerung hielt trotz dieser Maßnahmen weiter Andachten am Kreuzberg, allerdings vor einem einfacherem Kreuz. Der Gedanke der Neuerrichtung der Pilgerstätte erstarb aber nie. Probst Christoph Schmidl Pater Felix Koch Der Kreuzaltar um 1923 Die neue Kreuzbergkirche Wie
eh und je wurden Wallfahrten zum Kreuzberggipfel durchgeführt. Darum
ergriff der Klostergeistliche Pater Felix Koch um 1860 die Initiatieve
und organisierte den Neubau der Kreuzbergkirche in einem kleineren
Umfang und einfacherer Ausstattung. Wie beim Bau der ersten Kirche
sollen auch diesmal die Mauerziegel durch Handreichen in einer
langen Kette auf den Gipfel geschafft worden sein. .Der Bau war 1862 vollendet. Das Gnadenkreuz nahm seinen ihm gebührenden Platz am Hochaltar ein. Am 11. Mai dieses Jahres wurde die neugeschaffene, 93 Pfund schwere Glocke erstmals geläutet. Am 20. Oktober wurde die Kirche durch den Tepler Abt Marian Heinl geweiht. Im Jahr 1863 zählte man schon wieder an die 10 000 Wallfahrer! Die Ausmaße des Kirchleins lagen erheblich unter denen der ersten Kirche. Auch auf eine Sakristei, eine Vorhalle und einen Turm hatte man verzichtet. Erst ab 1927 ging man daran, diese Erweiterunsbauten zu schaffen. Eine Bereicherung des Kreuzberges brachten die um 1900 von Baumeister Menzel aus Lossin aufgestellten Kreuzwegstationen, die leider in den 30er Jahren schon Schäden zeigten. Nachdem 1916 das Hegerhaus abgebrannt war, bildete sich 1922 der Kreuzbergverein. Auf seine Initiative wurde 1923 mit großer Unterstützung der Bevölkerung das Schutzhaus wieder errichtet. Hier konnten die Besucher auch im Freien Rast machen. Nachdem 1931 auch der Turm fertiggestellt war, war der Kreuzberg für die Bevölkerung an Sonn- und Feiertagen ein lohnendes Ausflugsziel. Vom Turm hatte man einen herrlichen Rundblick über die Gegend, über das gesamte Pilsener Becken und bis zu den bewaldeten Bergen der Böhmerwaldes. Als nach dem 2. Weltkrieg die deutsche Bevölkerung in den Jahren 1945-46 aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden, verfiel leider die Kreuzbergkirche weitgehend. Im September 1944 hielt der Abt des Stiftes Tepl Petrus Möhler - vormals Pfarrer zu Staab und Rektor der Kreuzeskirche - eine letzten feierlichen Wallfahrtsgottesdienst auf dem Kreuzberg. Der letzte deutsche Gottesdienst soll im Oktober 1945 stattgefunden haben. Die 2. Wallfahrtskirche1927 (noch ohne Turm) Das Schutzhaus um 1930 Kreuzbergkirche mit Turm um 1935 Kreuzbergkirche um 2000 Besonders
durch die Stationierung der tschechischen Armee litt der Kreuzberg in
den 60er bis 80er Jahren sehr, er war jahrelang Sperrgebiet. In den Jahren nach der Wende wurden allmählich wieder Renovierungsarbeiten aufgenommen. Durch Spenden und EU-Gelder konnte das Kirchlein zumindest äußerlich wieder hergestellt werden. Der Aussichtsturm kann wieder erstiegen werden und man kann den Rundblick wieder genießen. Das Schutzhaus existiert leider nicht mehr. Der Kreuzberg 2008 Wallfahrten Der
Tag oder die Tage der Wallfahrt waren Generationen hindurch ein
ungeschriebenes Gesetz im religiösen Volksleben. Anstoß zum Gelöbnis
und der Durchführung einer Wallfahrt gab meist ein Ereignis besondrer
Art, zum Beispiel die Rettung bei eine Unglücksfall, die Heilung einer
Krankheit, die Abwendung einer Wetterkatastrophe und der Dank für die
glückliche Einbringung der Ernte. Es gab sowohl individuelle wie auch
Gemeinschafts-Wallfahrten. In manchen Gemeinden gab es eigene,
überlieferte Wallfahrtsterminpläne zur Durchführung von
Gemeinschafts-Wallfahrten. Eine Umfrage ermittelte die
vorraussichtliche Anzahl der Pilger, die dem zuständigen Pfarrer
gemeldet wurde mit Nennung des Leiters (meist der Gemeindevorsteher und
Vorbeter). Der Kreuzberg war wohl einer der meistbesuchten Wallfahrtsort der ganzen Region. Schon früh am Morgen rief das Glöcklein der Dorfkapelle zum Aufbruch und die Pilger versammelten sich vor der Kapelle. Nach dem gemeinsamen Gebet "Der Engel des Herrn" stimmte der Vorbeter das überlieferte Wallfahrtslied an: "In Gottes Namen fahren wir, - nach seiner Gnad begehren wir, - verleih uns die aus Gütigkeit, - o Heilige Dreifaltigkeit, - Kyrie eleison!" Zwei starke Schulbuben trugen abwechselnd die Prozessionsfahne voran. Auf den langen Pilgerwegen erklangen abwechselnd überlieferte Marienlieder, wurden Andachten gehalten und Litaneien gesungen. Bevor die Prozession den Kreuzberg erreichte, legte man am Wegrand eine Verschnaufpause ein. Mitgebrachte Käse- und Wurstbrote wurden zur Stärkung verzehrt und Milchkaffee aus der Kanne getrunken. Schließlich musste das letzte beschwerliche Wegstück zum Berggipfel bewältigt werden. Dort traf man sich meist mit andere Pilgergruppen, die aus allen Richtungen den Berg hinaufgekommen waren. Gemeinsam sang man die überlieferten Herz Jesu- und Marien- Lieder, aber besonders gern: "Heilges Kreuz, du Siegeszeichen, -selig, wer auf dich vertraut, gllücklich wird sein Ziel erreichen, wer auf dich im Leben schaut! Sei mit Mund und Herz verehret, Kreuzstamm Christi, meines Herrn" Tafel am Kreuzberg Bilder zum Wiederaufbau der Kirche (Fotos Herbert Wenig) 06-2006 06.2009 Literatur: Volk, Friedebert: Kirchsprengel und Kloster Chotieschau, 2. Auflage 1986 Lieber, Hans : Rund um den Kreuzberg, 1995 Möhler, Norbert : Geschichte der Stadt Staab,1925 | |